Zombies, Zombies wohin man sieht. Bei wem sich trotz aller Begeisterung Ermüdungserscheinungen bei diesem Thema breit machen, der sollte mal einen Blick auf Perus und Cholets „Zombies“ werfen, die viele unverbrauchte Ansätze liefern.
Die große Euphorie und die Überzeugung eine neue, bessere Zivilisation aufzubauen ist Geschichte. Im Handgemenge hat Sam einen anderen Menschen einfach erschossen. Bewusst. Und jedes andere Mitglied des Konvois versteht diesen Schritt. Es ändert nichts daran, dass eine wichtige Grenze nun übertreten ist. Der ehemalige Schauspieler Serge Lapointe, nun Anführer der Überlebenden-Karawane weiß ganz sicher – Mit dem Übertreten dieser Grenze kann alles nie mehr so sein wie zuvor.
Trotz vieler grausamer Rückschläge muss das Leben aber auch weitergehen. Und so entwickeln sich zarte Bande zwischen Sam und einer Hubschrauberpilotin. Nur kann die junge Frau überhaupt nicht verstehen, warum genau Sam so distanziert und unnahbar bleibt und will dieses Geheimnis um jeden Preis erkunden. Das größte Problem bleiben aber die lebenden Toten, die in immer, immer größer werdenden Herden Jagd auf die letzten lebenden Menschen machen.
„Von der Kürze des Lebens“, der dritte Band von Olivier Perus und Sophian Cholets „Zombies“-Reihe verabschiedet sich von gemächlichem Erzähltempo und emotionalen Charakterstudien. Zwar bleibt der charmant-philosophische Grundton der Serie bestehen, aber die Erzählung wirkt in diesem mittleren Teil der Saga deutlich amerikanischer und Action-orientierter. Das kann erstmal etwas irritierend sein, oder war es zumindest für mich. Ich hatte mich bereits völlig auf diese sehr neue und andere Art eine Zombie-Geschichte zu erzählen eingelassen. Darauf, dass es deutlich mehr um das Gefühlsleben der Überlebenden geht, als um ihren Kampf gegen die untoten Horden.
Aber es wäre falsch zu sagen ich sei nun enttäuscht, das bin ich nicht. Einfach nur irritiert. Denn ich hatte wieder etwas ganz anderes erwartet, wie schon von den ersten Bänden. Ich glaube fast, dass dieses Spiel mit der Erwartungshaltung von Peru bewusst gewählt ist, um den Leser neugierig und wachsam zu halten. Das Konzept geht auf.
Es wäre unfair „Zombies“ vorzuwerfen mit diesem Band plakativer oder flacher zu werden. Es wird einfach alles ein wenig amerikanischer. Die Kamera rückt etwas von Sam ab, um mehr von seinen Mitreisenden preiszugeben, darunter auch wieder Schauspieler Serge Lapointe aus Band 0. Von allem gibt es eben mehr. Mehr Überlebende, mehr Action, mehr Probleme und vor allem sehr viel mehr Zombies, den heimlichen Stars von „Die Kürze des Lebens“.
Denn durch die größere Distanz der Erzählung und der „imaginären Kamera“ wird der Blick auf große Gruppen der menschenfressenden Monster frei. Und „große Gruppen“ ist dabei eine maßlose Untertreibung. Riesige, teils ganzseitige Landschaftsbilder, überrannt von unzähligen Zombies haben mich mehr als einmal dazu gebracht mich lange in diesen Bildern zu verlieren und erstmal gar nicht weiter zu lesen. Dabei bekommt man einen täuschend echtem Eindruck der Hoffnungslosigkeit, die unter den Überlebenden um sich greift wie ein Virus.
Die extrem glaubhafte Präsentation von Gefühlen ist die große Stärke von Peru und Cholet. Der eigentlich irrsinnig wirkende Plan, dieses Talent für ein Genre zu benutzen, das bislang vor allem von harter Action und immer krasseren Grenzübertretungen bestimmt ist fühlt sich sehr frisch und vor allem richtig an. Und ich glaube allmählich zu verstehen, dass der erste Band die dringend benötigte Einführung in die Charaktere war. Während die Bedrohung durch die Zombies im Vorgänger erst auf den letzten paar Seiten wirklich ein Thema wird, wird dem Leser erst in „Die Kürze des Lebens“ das ganze Ausmaß der Misere bewusst.
Die Hoffnung, die den Überlebenden zuvor gegeben wurde, die wird ihnen hier Stück für Stück wieder genommen. Härter und brutaler als jeder abgerissene Arm. Das tut vor Allem deshalb so weh, weil ich dabei sein durfte, wie diese Hoffnung entstand. Weil ich es nachfühlen durfte. Als ob ich einem Wirbelsturm dabei zusehe, wie er ein Haus einfach zerfetzt, dass ich mit meinen eigenen Händen aufgebaut habe.
Ich befürchte, dass Autor Olivier Peru nur das Allerschlimmste für das große Finale von Sam und den anderen Überlebenden bereit hält. Nein, ich muss ehrlich sein. Ich hoffe es sogar.
- Autor – Olivier Peru
- Zeichner – Sophian Cholet
- Übersetzer – Tanja Krämling
- Einband – Hardcover
- 48 Seiten
- Band 3 von 4
- ISBN 978-3-86869-312-6
- erschienen am 01.01.2012
Rezensionsmuster – Hardcover, Privatarchiv