Vor allem als Mastermind hinter dem Bandprojekt „Samsas Traum“ bekannt, verdingt sich der Wahl-Marburger Alexander Kaschte seinen Lebensunterhalt mit dem Erzählen von Geschichten. Oft sind diese Geschichten wie in Metal- und Gothic-verwandten Musikstilen sehr pathetisch, plakativ und auch provokativ. Zwischen all dem giftigen Zynismus und den wohl kalkulierten Tabubrüchen dringen aber auch immer wieder echte Lichtblicke hervor. Unkitschige, reflektierte, sozialkritische Texte, die trotzdem ihre Zuhörer emotional zu berühren wissen.
Noch einmal deutlich besser als die schon starken ersten drei Bände arbeiten die Episoden 4 und 5 von Kaschtes Comic-Reihe „Trauma Tales“ diese bemerkenswerte Bandbreite heraus und setzen Liedtexte von Samsas Traum abstoßend-charmant als „Tales from the Crypt“-esque Horrorepisoden um. Nicht zuletzt durch den Genre-üblichen Erzähler, die zerfledderte „Pussy of Dead“ nimmt sich das makabere Treiben scheinbar nie ernst, offenbart aber neben der stilistisch erstaunlich vielseitigen Künstlerin Julia Zhuravleva auch inhaltlich echte Stärken. Das macht „Trauma Tales“ auch für Comic-Leser interessant, die bislang nicht mit dem „Samsas Traum“-Universum in Berührung gekommen sind.
Während Zhuravleva abwechselnd Retro-Animé-Einflüsse in „Thanatan und Athanasia“ oder nostalgisches Saturday-Morning-Cartoon-Flair in „Lichtbestäubt“ durch die Zeichenfeder channelt ohne dabei den eigenen Charakter zu verlieren, gibt Kaschte derweil vorgeblich den selbstironischen Popkultur-Junkie. Augenzwinkernd lässt er seine Leser lieber selbst erarbeiten, dass hinter seinen Erinnerungs-Kollagen deutlich mehr sprachliche Leistung und künstlerisches Feingefühl stehen, als Kritiker ihm wohl zunächst zugestehen würden.
Die „Trauma Tales“ sind ein wirklich starker Liebesbeweis an die Corbens und Wrightsons der Comic-Historie. Und sie beweisen, wieviel kraftvoller und näher am Geist düsterer, gemeiner Songs das sein kann, als das zweitausendste, sinnentleerte Poser-Musikvideo in einer leeren Fabrikhalle. Ihren ultimativen, intelligenten Facettenreichtum entfalten die oft explizit präsentierten Schauergeschichten zwar erst bei näherer Kenntnis des Basismaterials, dank zahlreicher Anspielung auf Kindheits- und Jugendphänomene der Achtziger findet aber auch frisches Publikum schnell Zugang. Jeder Schritt klingt nach Erinnerung: Klick, Klack.
TRAUMA TALES (Bd.4) , Autor: Alexander Kaschte, Künstler: Julia Zhuravleva, 64 Seiten, Hardcover, 16,80 Euro, Erschienen bei SAMSAS TRAUM
TRAUMA TALES (Bd.5), Autor: Alexander Kaschte, Künstler: Julia Zhuravleva, 64 Seiten, Hardcover, 16,80 Euro, Erschienen bei SAMSAS TRAUM