Der Shaolin-Schüler „Weiße Wolke“ ist nicht wie die Anderen. Als Findelkind wurde er von Meister Huo aufgenommen und in einem abgelegenen Bergkloster trainiert. Nachdem ein kostbarer Gegenstand geraubt wird, der einen gefährlichen Fluch in sich trägt, sendet der Meister seinen Schüler aus, um den das Objekt zurück zu holen. Der junge Mönch ist zwar nicht allein, sondern in Begleitung der ebenso schönen wie tödlichen Yuki, Doch „Weiße Wolke“ ahnt nicht annähernd, dass er bald einer der tapfersten Krieger sein wird.
Jean-Francois Di Giorgio scheint allgemein der Fernost-Experte bei Splitter zu sein. Mit den Serien „Samurai“ und „Sensei“ konnte er bereits stark punkten, aber auch „Genre ferne“ Werke wie „Shane“ (Feest Verlag) oder „Munro“ (Salleck Publications) wussten zu überzeugen. Di Giorgio bringt die fernöstliche Welt überzeugend rüber, alltägliche Rituale, wie die Charaktere zueinander stehen, gewissermaßen ihr „Stand“ in der Gesellschaft, all das wirkt sehr natürlich und passt gut. Nachdem der erste Band dieser Trilogie mehr oder weniger die Ouvertüre darstellt, Charaktere und Setting beschreibt, kann der vorliegende zweite Band die Handlung deutlich vorantreiben. Dem Szeneristen gelingt es hier hervorragend das aktuelle Geschehen mit Rückblicken zu verknüpfen, wodurch alles mehr Tiefe bekommt und dem Leser wichtige Hintergrundinformationen zukommen. Für die passende Optik sorgt, wie im ersten Band, Looky, dem treuen Splitter-Leser durch „Herkules“ oder „Die Legende der Drachenritter“ bekannt. Seine realistischen und dynamischen Zeichnungen passen hervorragend zur Story. Detailliert, wenn die Zeit dafür da ist, geschwind und Action-betont wenn körperliche Auseinandersetzungen vonnöten sind. Und davon gibt es mehr als genug. Nicht nur die Charaktere und die Handlung entwickeln sich, nein auch „Weiße Wolkes“ Gegner bekommen mehr Tiefe und magische Fähigkeiten, mit denen sie gewaltige Kreaturen in die Schlacht schicken. Für mich ja immer besonders wichtig: Ungewöhnliches Panel-Layout und Splash-Pages. Das Verhältnis ist hier besonders ausgewogen und führt den Leser zielstrebig durch die Story, um nach dem Umblättern einen wichtigen Punkt mit einer überdurchschnittlich großen Illustration zu untermauern.
Einziges kleines Manko: Di Giorgio scheint sich noch nicht ganz im Klaren darüber zu sein, wieviel sein Protagonist von seinen Fähigkeiten weiß. Häufig spricht Weiße Wolke darüber, dass er gar keine nützlichen Fähigkeiten habe, nur Visionen, aber blättert man drei Seiten zurück beobachtet man den jungen Shaolin dabei, wie er zwei schwer bewaffnete Krieger mit übernatürlichen Fähigkeiten tötet. Da muss noch gefeilt werden.
Nichtsdestotrotz ein extrem gelungener zweiter Akt. Die Reihe beschränkt sich ja auf insgesamt drei Bände. Wir dürfen uns also auf das grandiose Finale freuen. Mit rund 50€ für die komplette Reihe kommt der geneigte Leser hier fair weg.
SHAOLIN: Der Gesang des Berges (Bd.2), Autor: Jean-François di Giorgio, Künstler: Looky, 56 Seiten, Hardcover, 16,00 Euro, Erschienen im SPLITTER VERLAG