PUNISHER (2017, Bd.1)

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Seit seine ganze Familie im Kugelhagel des organisierten Verbrechens ihr Leben lassen musste, befindet sich Frank Castle auf einem persönlichem Kreuzzug. Er will sich nicht länger auf die überforderte Polizei und die lasche Justiz verlassen. Wer Leben zerstört, der muss auch mit dem Leben bezahlen. Als schweigsamer, aber auch unangenehm effektiver Antiheld „Punisher“ ballert Frank eine Schneise der Verwüstung in die Reihen der Drogendealer, Menschenhändler und Gangster, die ihren Geschäften leichtfertiger Weise in seinem Zuständigkeitsbereich nachkommen. Als der Mann mit dem wenig subtilem Totenschädel auf der Brust den Drogenring „Condor“ ins Visier nimmt, kreuzen sich seine Wege mit den Drogenfahndern der DEA…

Becky Cloonans Interpretation des legendären Marvel-Amokläufers macht keine Kompromisse. Beinharte Gewalt, temporeiche Verfolgungsjagden und markige Dialoge bestimmen stilecht die stimmungsvoll kolorierten Comicseiten. Trotz ihrer hervorragend gelungenen Bemühungen, dem Punisher eine menschliche, verwundbare Dimension zu verleihen, wirkt der schweigsame Rächer erfreulich bedrohlich und einschüchternd. Genau so soll es sein. Die markerschütternde Rauchgranaten-Sequenz gehört auf jeden Fall schon jetzt in die Ruhmeshalle der großen Punisher-Momente.

Auf der Schurkenseite enttäuscht „Condor“, so der Untertitel des ersten Sammelbandes jedoch. Zwar hat der psychotische „Face“ durchaus das Potential, eines Tages den Olymp der Comic-Bösewichte erklimmen zu dürfen, die einseitige Darstellung stereotyper Fließband-Terror-Araber gegen Ende der Storyline enttäuscht jedoch. Natürlich hat auch der großartige Garth Ennis in seinen brillanten Punisher-Stories dumme, muskelstrotzende Russen, saufende Iren und mordlüsterne Mafiosi ins Feld geführt, dabei durch viel stärkere Überzeichnung seinen Figuren aber auch immer ein Augenzwinkern mit auf den Weg gegeben. In Cloonans überwiegend düsterem und ernstem Setting wirken solche Verallgemeinerungen aber unzeitgemäß und leider auch missverständlich.

Trotz dieser Schwäche ist der neue Punisher jedoch sicher ein Pflichtkauf für langjährige Fans. Schon alleine deshalb, weil Starzeichner Steve Dillon, der die Bildsprache des Punishers maßgeblich geprägt hat, hier nicht nur eine seiner beeindruckendsten, ausdruckstärksten und reifsten Vorstellungen abliefert, sondern leider auch eine seiner letzten. Der langjährige Freund von Garth Ennis und Mitschöpfer der Kultreihe „Preacher“ verstarb im vergangenem Oktober im Alter von nur 54 Jahren tragisch an einem Blinddarmdurchbruch.


PUNISHER (2016, Bd.1)
Autorin: Becky Cloonan
Künstler: Steve Dillon
140 Seiten
Broschiertes Softcover
ERSCHIENEN BEI PANINI