Unter „Manifest Destiny“ verstand man einst die „offensichtliche Bestimmung“ der vereinigten Staaten von Amerika, in Gottes Namen ihre Siedlungen auf den gesamten Kontinent auszuweiten. Dabei sollten Forscher-Expeditionen die Geologie, Einheimischen, sowie die Flora und Fauna der noch unerschlossenen Gebiete studieren. Die wohl berühmteste Reisegruppe aus dieser Epoche ist die Expedition von Captain Meriwether Lewis und Leutnant William Clark, die auf Befehl von Präsident Thomas Jefferson 1804 mit ihrer Crew in See stachen. An dieser Stelle endet die Geschichtsstunde und beginnt „Manifest Destiny“, der von Cross Cult jüngst übersetzte, neueste Streich der „Skybound Studios“, dem Comic-Label von „The Walking Dead“-Schöpfer Robert Kirkman.
Die Comic-Inkarnationen der historischen Figuren begnügen sich selbstverständlich nicht mit dem Katalogisieren von Käferarten oder dem Trocken seltener Pflanzen in Büchern. Nach einer nicht für alle Männer glimpflich verlaufenden Konfrontation mit einem Stamm wilder Büffelzentauren wartet das wahre Grauen erst viel tiefer im Landesinneren. Ein mysteriöser Parasit hat dort viele Bewohner einer französischen Kolonie befallen und verändert die Infizierten auf erschreckende Art und Weise.
Während „Manifest Destiny“ zu Beginn noch ein wenig träge und sperrig daherkommt, wandelt sich die Atmosphäre schnell vom klassischen, sehr europäisch wirkenden Abenteuer-Comic zum actionreichen, dynamisch erzählten Horrortrip. Diese Entwicklung der Handlung hält auch bei den schick inszenierten Bildern nach und nach Einzug, die ihre Aufmerksamkeit von malerischen Landschaften auf die grotesken Geschöpfe der Wildnis verlagern. Und natürlich auf die entsetzen Gesichter der armen Seelen, die ihnen begegnen.
Dabei spielt die Reihe geschickt mit Genre-Klischees und den so gesetzten Erwartungen des Lesers, um immer wieder zu überraschen und neugierig auf die nächste Seite, das nächste Kapitel, den nächsten Band zu machen. „Manifest Destiny“ vereint geschickt den Geist klassischer Abenteuergeschichten, mit modernem Horror, der langsam das soziale Gefüge der immer mehr unter Druck geratenen Expedition zerbricht. Dank des Qualität-Labels Skybound darf man zuversichtlich sein, dass die konstant ansteigende Kurve des Wahnsinns mit den nächsten Bänden weiter verfolgt wird.
- Manifest Destiny Bd.1 – Flora und Fauna
- Autor – Chris Dingess
- Künstler – Matthew Roberts
- Hardcover
- 118 Seiten
- 20,00€
- Erhältlich bei Cross Cult
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