Der Lesestapel ist eine neue Rubrik auf DeinAntiHeld.de, die einen Überblick über eine Reihe von Büchern aus einem bestimmten Themengebiet wie z.B. einem bestimmten Genre oder einem besonderen Superhelden bieten soll, die ich in diesem Wissen mit nur kurzen Pausen dazwischen gelesen habe. Eine Ergänzung zu den klassische, ausführlichen Rezensionen, bei der es nicht um eine Rangfolge gehen soll, sondern darum, aus einem „Stapel“ Comics den- oder diejenigen herauszufinden, die für den persönlichen Geschmack des Lesers am interessantesten sind. Viel Spaß!
Kurz vor Weihnachten beschert uns Panini noch einmal einen vollen Sack (ein in diesem Themenkomplex angemessenes Wortspiel) mit bleihaltig hysterischer Deadpool-Action. Wir werfen einen Blick auf insgesamt vier Titel mit unterschiedlichen Varianten des einzigen Superhelden, der als eine Art brutaler Bugs Bunny auf Speed den Olymp der beliebtesten (Anti-) Helden erklimmen konnte.
GWENPOOL (Bislang 2 Bände bei Panini)
Auch der zweite Band des bonbonbunten Deadpool-Ablegers „Gwenpool“ überzeugt auf ganzer Linie. Diesmal muss die eigentlich aus unserer realen Welt stammende Comic-Leseratte Gwen es gar mit einer Invasion außerirdischer Tintenfischköpfe und einem finsteren Super-Spießer aufnehmen. Gut, dass ihr dabei der ehemals ultimative Spider-Man Miles Morales zur Seite steht, auch wenn der weder mit Gwens nihilistischer Einstellung zu endgültiger Gewalt einverstanden ist, noch begeistert davon, dass sie um seine wahre Identität weiß.
Auch wenn das vorherrschende pink und der noch immer giftig-ruppige, aber deutlich jugendkompatiblere Humor auf junge Damen als Zielgruppe schließen lassen, werden männliche Leser fortgeschrittenen Alters (wie der Autor dieses Texts) bei der Lektüre ebenfalls auf ihre Kosten kommen. Gwenpool greift das überdrehte Erfolgskonzept ihres anzüglichen Vorbilds auf, klopft all den jugendgefährdenden Schmutz ab und sorgt gleich im Anschluss mit glitzerndem Kleinmädchen-Kitsch wieder dafür, dass ihr Szenario trotzdem schön bizarr und überdreht bleibt. Frecher, innovativer Marvel-Spaß. Klasse!
DEADPOOL vs PUNISHER (Einzelband bei Panini)
Frank Castle, die Einmann-Armee auf einem Kreuzzug der Selbstjustiz hat ein neues Ziel ausgemacht. „Die Bank“ ist ein wichtiger Drahtzieher und Geldwäscher des organisierten Verbrechens und steht nun auf der Todesliste des Punisher. Dummerweise ist die mutierte Söldner-Nervensäge Deadpool gut mit der Familie des schlimmen Fingers befreundet und hat daher etwas gegen Franks Pläne einzuwenden.
Die Titelreihenfolge „Deadpool vs Punisher“ hier etwas irreführend, da es sich im Grunde ganz klar um einen klassische Punisher-Story handelt, die mit ein wenig Deadpool-Wahnsinn gewürzt wird. Das ist ganz launig, sieht ein wenig austauschbar aus und erreicht nie wirklich das Niveau der zum brüllen komischen „Thunderbolts“, bei denen die beiden ungleichen Marvel-Killer sich schon einmal auf den Senkel gehen durften. Ist ganz nett, traut sich aber nicht genug um aus der Masse hervorzustechen.
DEADPOOL THE DUCK (Einzelband bei Panini)
What the Quack? Wer sich noch mit Freude an das verrückte Amalgam-Crossover erinnert, bei dem Marvels-Vorzeige-Erpel Howard mit dem DC-Präsi Lobo verschmolz, der hat eine grobe Ahnung, was ihn bei diesem verrückten Ritt erwartet. Durch einen mäßig originellen Cronenberg-Teleporter-Unfall teilen sich Deadpool und der schlecht gelaunte Enterich einen kombinierten Körper und wechseln dabei regelmäßig durch, wer mal an’s Steuer der bizarren Erscheinung darf. Dabei steht die Gesundheit von „Rocket Raccoon“, einem waschechten „Guardian of the Galaxy“ auf dem Spiel, der sich unpraktischer Weise mit Weltraumtollwut infiziert hat. Das ist schon bei ordinären Waschbären echt scheiße und wird nicht gerade dann nicht besser, wenn man wie Rocket über ein gewaltiges Arsenal an Feuerwaffen verfügt…
Treffsichere One-Liner, eine großartig stereotype Widersacherin mit familiären Verbindungen in die politische Marvel-Elite und jede Menge organisierter Unsinn garantieren dem Band einen sicheren Platz in der Hall of Fame von Marvels erblühenden, humoristischen Flügel. Herrlich überdreht und rotzig und mit schicker Cartoon-Optik. „Deadpool the Duck“ ist Pflichtprogramm für Freunde beider Reihen!
SPIDER-MAN / DEADPOOL (Bd.3): Ziemlich nicht so beste Freunde (Bislang 3 Bände bei Panini)
Ein lesbarer Buddy-Movie mit den beiden vorlautesten Schandmäulern des Marvel-Kosmos ist natürlich ein Geschenk für jeden, der seine Heldencomics auch mal heiter mag und nicht immer einen großen, existenziellen Konflikt benötigt. Im inzwischen dritten Band jagen Spidey und Mister Pool nach wie vor ihrer genetischen „Tochter“ Itsy Bitsy hinterher, die in unangenehmer Manier die spinnenartigen Kräfte ihres einen Papas mit den Selbstheilungskräften und der psychotischen Mordlust des anderen kombiniert.
Statt es sich einfach zu machen und auf dem guten, humoristischen Kurs zu bleiben leistet das Crossover tolle Arbeit, in dem es Spider-Man eine pfiffig geschriebene, moralische Krise durchleben lässt. Das macht mit Deadpool als engagierter Brutalo-Fassung von Jiminy Grille so verdammt viel Spaß, dass man sich nicht mal mehr am technisierten Abklatsch von Tony Stark stört, den Marvel aus Peter Parker gemacht hat. Während die erste Backup-Story mit zwei in unseren Breitengraden eher irrelevanten, realen Magiern aus Las Vegas eher befremdlich bis belanglos daherkommt, trifft die abschließende „Weihnachtsepisode“ rund um die tatsächliche Bedeutung des frohen Fests mitten ins Schwarze und ist die bislang vielleicht beste Story in „Spider-Man / Deadpool“.
Deutscher Trailer zum zweiten „Deadpool“-Kinofilm