In der Welt von Troy wird jeder Mensch mit einer besonderen Fähigkeit geboren. In modernen, urbanen Szenarien würden sie vermutlich Capes tragen und Autos durch die Gegend werfen. Im mittelalterlich-fantastischen Szenario von Comic-Veteran Arleston trifft wohl eher das häufig strapazierte Wort „Magie“ den Kern der Sache. Das vergleichsweise unspektakuläre Talent, Metall zum Schmelzen zu bringen macht den jungen Lanfeust immerhin zu einem ausgezeichnetem Schmied. Berührt er jedoch das sehr seltene Elfenbein des Magohamoth, dann scheint seine Macht ins Unermessliche zu wachsen. Gemeinsam mit dem Gelehrten Nicolas und dessen hübschen Töchtern, der freundlichen C’ian und der frivol-frechen Cixi macht er sich auf die Reise, um diesem Mysterium auf den Grund zu gehen.
Trotz seiner gar nicht so dramatisch weit zurückliegenden Erstveröffentlichung Mitte der Neunziger ist „Lanfeust von Troy“, die erste der zahlreichen Comic-Reihen in der namensgebenden Welt, zweifellos ein essentieller Klassiker des frankobelgischen Fantasy-Comic. Dieser Ruf ist nicht unverdient, denn der sehr spezielle, oft derbe Humor der zunächst recht generisch anmutenden Heldenreise wurde in den letzten zwanzig Jahren zwar häufig emuliert, dabei aber nie so stilsicher umgesetzt wie im Original.
Didier Tarquins lebendige, mit witzigen Details gespickten Zeichnungen erstrahlen dank einer neuen, deutlich moderneren Kolorierung in völlig neuem Glanz und lassen die Gesamtpräsentation nun wirken, als handle es sich bei den nun im Splitter Verlag erscheinenden Bänden um eine brandneue Veröffentlichung. Dank ihrer hohen handwerklichen Qualität und unvergesslich komischer Charaktere wie dem zeitweise freundlichen Troll Hebus braucht sich das Material dabei auf keinen Fall vor modernem Comic-Bombast verstecken, dem heute ganz andere technische Möglichkeiten zugrundeliegen.
Zwar werden sich einige Leserinnen und Leser sicher an der sehr prominenten, dauerhaften Inszenierung von Cixis Rundungen stören, doch ihre pfiffige, wenig bis nicht sexualisierte Schwester C’ian dient dabei durchaus als wichtiger Gegenpol, der eine satirisch überzogene Interpretation des freizügigen Schaulaufens zulässt.
Eine wirklich starke, abwechslungsreiche Reihe, deren erste zwei Bände über nahezu perfektes Timing ohne jegliche Längen oder unangenehm schnell erzählte Passagen auskommt. Der bizarre, häufig an die Fantasy-Persiflagen des viel zu früh verstorbenen Kultautoren Terry Pratchett erinnernde Humor ist aber sicher die größte Stärke von Lanfeust und seinen Freunden.
Lanfeust von Troy (Bd1. & Bd.2)
Autor: Christophe Arleston
Künstler: Didier Tarquin
je 56 Seiten
Hardcover
je 15,80 Euro
Erschienen bei SPLITTER