Das Land Maar scheint völlig im Chaos zu versinken, nachdem Königin Olwyn in einen Tiger verwandelt wurde und nun mit ihrer treuen Soldatin Rook inkognito auf der Flucht vor den vielen finsteren Mächten ist, die ihren endgültigen Tod und somit das Ende ihrer Herrschaft wünschen. In dieser feindseligen, trostlosen Welt voller gefährlicher Menschen, Tiere und Wesen, die sich irgendwo dazwischen bewegen, können die beiden getriebenen Frauen im Grunde niemandem wirklich vertrauen. Rooks Hoffnung ruht nun auf dem Glauben, dass der paradiesische Ort Isola wirklich existiert und sie dort Zuflucht und Frieden finden werden…
Die Vorschusslorbeeren und die große mediale Aufmerksamkeit rund um „Isola“ haben ganz klar ihren Grund. Die Indie-Schöpfung der Herren Fletcher und Kerschl wäre vielleicht auch schon früher erschienen, wenn das Team nicht erst dem Ruf von Branchenriese DC gefolgt wäre, um am von Kritik und Publikum gefeierten „Gotham Academy“-Projekt mitzuarbeiten und so wohl auch eine breitere Öffentlichkeit für ihr Herzensprojekt vorzubereiten.
Es überrascht wenig, dass beim spannenden „Making Of“-Segment im Nachwort der Titel „Prinzessin Mononoke“ als Inspiration fällt. Obwohl beide Geschichten inhaltlich gar nicht sonderlich viel gemein haben, erinnert die düstere und gewaltige Ästhetik von „Isola“ ganz klar an das Animé-Meisterwerk, woran sicher auch die stimmungsvollen Farben von Msassyk nicht unschuldig sind.
Es ist bemerkenswert wie sehr die dichte Atmosphäre den Leser hier einwickeln kann, obwohl auch am Ende des Bandes so viele offene Fragen im Raum stehen, obwohl Charaktere und Handlung so erstaunlich wenig von sich preisgeben. Vielleicht ist es aber genau diese inhaltliche Unnahbarkeit, die gepaart mit der atemberaubenden Optik für die besondere Faszination sorgt, die sich kaum mit anderen Werken vergleichen lässt. Ähnlich wie bei „Monstress“, einem anderen großen Lizenz-Wurf des Ludwigsburger „Cross Cult“-Verlags offenbart auch der erste Band von Isola sehr großes erzählerisches Potential, dass sich aktuell aber noch bewusst im Hintergrund hält, um die sensationellen Bilder auf den Betrachter wirken zu lassen. Das funktioniert ganz ausgezeichnet.
ISOLA (Bd.1), Autor: Brenden Fletcher, Künstler: Karl Kerschl, 168 Seiten, Softcover, 16,00 Euro, Erschienen bei CROSS CULT