GOOD TALK: Erinnerungen in Gesprächen

Ist Michael Jordan oder Jackson besser? Laufen die Menschen auf dem Mond den Moonwalk? Mit Fragen wie diesen löchert Mira Jacobs Sohn Z sie bei einem Spaziergang. Doch dann werden die Fragen schwieriger: Ist Michael Jackson schwarz oder weiß? Hat Papa Angst vor uns, weil wir dunkelhäutig sind? Kinderfragen eröffnen oft neue Sichtweisen. Wie sollte sie diesen Fragen, von denen sie dachte, dass sie schon geklärt seien, beantworten? Aufwühlende Fragen zu ihrer Geschichte, Rassismus in der Welt und das Zusammenleben verschiedener Kulturen,

In der Graphic Novel “Good Talk – Erinnerungen in Gesprächen“ reflektiert die Autorin Mira Jacob über die eigene Herkunft, die Gespräche mit ihrem Sohn und ihrer Familie. Sie ist Tochter indischer Einwanderer, die mit ihrem jüdischen, weißen Ehemann Jed und ihrem Sohn in New York lebt. Es geht um ihre interkulturelle Biografie. Um das Leben des Kindes aus einer arrangierten Ehe in den USA. Vor allem geht es um Miras eigenen Sohn. Darum, wie er den Tod des schwarzen jungen Mannes Michael Brown Ferguson und die anschließende Welle gegen rassistische Polizeigewalt erlebt. Wir lernen ihre weißen, jüdischen Schwiegereltern kennen, die Donald Trump gewählt haben und ihre indische Herkunftsfamilie, die dunkelhäutige Inder*innen als schlechter ansieht.

Die Bebilderung der Gespräche wird als Collage dargestellt. Sie setzt sich aus wenigen, wiederkehrenden, Schwarzweißbildern zusammen, die jeweils im passenden Fotohintergrund dargestellt werden. Im Vordergrund steht die Unterhaltung und nicht die künstlerische Gestaltung der Figuren. Schade ist dabei, dass die Personen überwiegend gleich gezeichnet sind, daher wirken sie oftmals schablonenartig auf die Hintergrundbilder platziert. Emotionen der Charaktere werden in dieser Form nicht hinreichend wiedergegeben. Wenn die Gespräche von Wut, Freude oder Traurigkeit geprägt sind, findet sich das nicht in Mimik und Gestik wieder. Die Fotos wiederum ermöglichen die Lebensrealität vielfältig nachzuempfinden. Wenn z.B. die Diversität der Nachbarschaft angesprochen wird, finden wir die passenden Fotos aus New York. Auch die Familiengeschichte wird mit Fotos dargestellt, dies hat den Effekt eines Familienalbums und schafft Authentizität. Durch häufige Zeit-und Themenwechsel wirkt der Lesefluss etwas sprung- und episodenhaft, jedoch ermöglichen die kurzen Kapitel einen umfassenden Einblick in Jacobs Biografie.

Eine sehr gelungene Graphic Novel, die zeigt, was das Medium an Gestaltungsformen und Erzählmöglichkeiten bieten kann. Eine Empfehlung für junge Eltern, die mit ihren Kindern über kulturelle Identität sprechen und mit ihnen ihren Platz in der multikulturellen Gesellschaft finden wollen. Das Buch zeigt auf vielfältige Weise welche Formen des Alltagsrassismus mixed-race Familien durchleben. Für verschiedene Unterrichtsfächer, in denen Multikulturalismus zum Thema gemacht wird, sind einige Doppelseiten geradezu impulsgebend. Mira Jacob zeigt auch der „woken Generation“, dass wir alle Fehler machen und nur im gefühlvollen Umgang miteinander lernen.


Leseprobe


GOOD TALK: Erinnerungen in Gesprächen, Autorin & Künstlerin: Mira Jacob, 368 Seiten, Hardcover, 26,00 Euro, Erschienen im CARLSEN VERLAG