Rem ist fest in der Hand Intrigen spinnender Adelshäuser. Trotz jahundertelangem Inzest scheint nur die Herrscherkaste der Republik noch „Perfekte“ hervorzubringen. Die meisten Kinder werden stattdessen mit Missbildungen geboren. Denn in den Frauen von Rem wachsen häufig zwei Föten heran, die bereits im Mutterleib um ihre Dominanz kämpfen. Häufig überlebt eines der Kinder diesen Kampf nicht, oder sie verwachsen miteinander.
Die Prophezeihung besagt, dass eines Tages zwei perfekte Jungen geboren werden, die gemeinsam die Vernichtung von Rem herbeiführen. So wie in der Legende einst Remus und Romulus, aufgezogen von der großen Spinne den Grundstein des Reiches legten. Luciana aus dem Haus der Spinne und Spartacus, ein Ritter der Fledermaus erwarten ihr erstes Kind, obwohl sie nicht dem gleichen Haus angehören. Trotz der ungewöhnlichen Liaison ist das Volk dem Paar zugetan, nicht zuletzt durch Spartacus Popularität als Turnierkämpfer.
Als Psamanthea aus dem Haus der Gottesanbeterin Zeugin wird wie ihre Freundin Luciana gesunde Zwillinge gebärt, beschließt sie gemeinsam mit seiner Mutter den zweiten Sohn zu ermorden und wirft das Neugeborene den Schweinen zum Fraß vor. Medikus und Eunuch Raph rettet das von den Tieren nun doch grausam verstümmelte Kind und zieht es als sein eigenes auf. In der Unterwelt von Rem, der Heimat der grotesk Entstellten und Ausgestoßenen.
Die düstere „Steampunk“-Welt (das sind mechanisierte, technisierte Fantasy-Welten) von Autor und Künstler Florent Maudoux ist komplex. Sie greift zahllose historische und mythologische Figuren wie Spartacus, Remus und Romulus oder die Zyklopen auf – Bedient sich außer am Namen aber meist nur fragmentarisch an ihren Vorbildern. Rem ist ein Ort, der von Gewalt, Intrigen, Sex und Ausgrenzung bestimmt wird und bietet damit dem moralisch aufgeschlossenem Leser eine Menge Unterhaltungspotential.
Ich muss zugeben, ich war nach der ersten Hälfte der 80 Seiten ziemlich erschlagen und fast ein wenig genervt von „Freaks‘ Squeele“. Genervt von den fast zu zahlreichen Charakteren, ihren Beziehungen und den hektischen Sinneseindrücken, die Maudouxs minimalistisch-blass kolorierter aber sehr detailliert und lebendig gezeichneter Euromanga mir um die Ohren bläst. Wenn aber die Zwillinge in der Mitte des Bandes wieder zusammenfinden, das Tempo reduziert wird und der Leser viel näher an die starken, vielschichtigen Charaktere herangeführt wird – Dann beginnt man zu verstehen, wo die Reise wohl hinführen soll. Der Handlungsbogen dieses ersten Bandes wird elegant geschlossen, sein Finale aber auch gespickt mit fiesen Cliffhangern, die mich wirklich extrem neugierig machen. Neugierig darauf, wie es mit diesen vielen Charakteren nun weitergeht, von denen die meisten mir doch noch richtig ans Herz gewachsen sind.
„Freaks‘ Squeele – Totenfeier Bd.1″‚bildet den Auftakt der dreiteiligen Vorgeschichte zum Hauptwerk „Freaks‘ Squeele“ das ab 2016 ebenfalls bei Splitter erscheinen soll. Der herrlich bizarre und extrem eigenständige Fantasy-Cocktail belohnt einen anstrengenden Zugang mit tiefen, greifbaren Charakteren und hohem Suchtpotential – Ich war wirklich traurig die drei Bände nicht gleich am Stück lesen zu können. Die Inspiration durch „Game of Thrones“ oder David Lynchs „Dune“ ist klar wahrnehmbar, aber „Totenfeier“ bleibt immer frisch, eigenständig und originell.
- Autor Florent Maudoux
- Zeichner Florent Maudoux
- Einband Hardcover, Neues Bookformat 200 x 280 mm
- Seiten 80
- ISBN 978-3-95839-084-3
- erscheint am: 01.06.2015
Rezensionsmuster – Hardcover, zur Verfügung gestellt von Splitter – Herzlichen Dank!