Das „ultimative“ Marvel-Universum bescherte vor allem jüngeren Lesern im Jahr 2000 eine Frischzellenkur für die beliebten Superhelden des Verlags, die sich bislang in einem sehr strengen, erzählerischem Korsett der Kontinuität bewegen mussten. Anders als heute, wo wir eigentlich spätestens alle zwei Jahre mit einem „Reboot“ oder anderen angeblich bahnbrechenden Neuanfängen rechnen müssen war der Schritt damals eine kleine Sensation, die auch viele Jahre sehr erfolgreich und parallel zur regulären Kontinuität lief.
„Die Ultimativen“ sind in dieser Welt keine geringeren als die heute wirklich jedem durch die Kinofilme wohl bekannten Avengers, nur eben in ihrer Version des ultimativen Universums. Auch wenn die Herrschaften hier ohne den „Disney Filter“ noch ein wenig derber und brachialer daherkommen, ist deutlich zu fühlen, dass sich die Marvel-Filmstudios sehr großzügig an der modernen, coolen und glatten Ästhetik bedient haben, die das schottische Autoren-Wunder Mark Millar und „Authority“-Zeichner Bryan Hitch hier erschaffen haben. Samuel L. Jackson war etwa erstmals auf genau diesen Seiten als Nick Fury zu bestaunen, wie auch sechs Jahre später dann im ersten „Iron Man“-Streifen. Dass ausgerechnet Saubermann Captain America den Hulk allerdings zu Höchstleistungen anstachelt, indem er behauptet, der Feind habe ihn eine „Tunte“ genannt oder die herrlich abgründig geschilderte toxische Beziehung von Wasp und Giant Man waren dann wohl doch zu heiße Eisen für den Massenmarkt, wirklich schade.
Einen so anarchischen Umgang mit den ikonischen Figuren darf sich aber auch in der Comic-Welt nicht jeder erlauben. Für Millar, der inzwischen seinen eigenen „Millarworld“-Verlag an den Streaming-Anbieter Netflix verkaufte, machte man aber offenbar gern eine Ausnahme.
„Die Ultimativen“ sind hervorragende, modern und „edgy“ erzählte Superhelden-Unterhaltung, die nicht ganz die schwindelerregenden Qualitätshöhen seines „Old Man Logan“, „Civil War“ oder „Superman: Red Son“ erreicht, aber sich einen Platz in Paninis „Mark Millar Collection“ redlich verdient haben.
DIE ULTIMATIVEN (Mark Millar Collection Bd. 9), Autor: Mark Millar, Künstler: Bryan Hitch, 380 Seiten, Hardcover, 39,00 Euro, Erschienen bei PANINI