Conan der Dieb versauert in einem Verlies, als er von dem Adligen Murilo rekrutiert wird, um den teuflischen Priester Nabonidus auszuschalten. Versprochen wird ihm dafür ein Pferd und ein kleines Vermögen. Beides kommt dem Cimmerier nur recht, schließlich hat er unlängst einen anderen Priester in dieser Stadt gemeuchelt und würde nun gern das Weite suchen. Also schleicht er sich in den Turm des Opfers, um zu tun, was getan werden muss. Aber die Wachen und Hunde liegen bereits tot darnieder. Ist ihm jemand zuvorgekommen? Vielleicht Murilo selbst? Oder gibt es noch eine weitere Partei, die den Tod des „Roten Priesters“ will?
Patrice Louinet ist Experte für Robert E. Howard, dem Schöpfer der originalen Conan-Werke der 1930er Jahre. Mit dem „Roten Priester“ wagt er sich erstmals an das Storyboard für einen Comic, wobei ihm sein tiefer Einblick in Howards Werke, und damit den Charakter des cimmerischen Barbaren, sehr zugute kommt. Die Story ist facettenreich, ja geradezu kaleidoskopisch. Viele Gesichter Conans werden beleuchtet, mal als geschickter Fassadenkletterer und Dieb, mal als gedungener Mörder, mal einfach als der alles-zerstörende Barbar, als der er bekannt ist. Die anderen Charaktere sind ebenfalls gut ausgebaut, ihre Hintergründe knapp aber sehr natürlich erläutert und fügen sich sehr gut in den allgemeinen Erzählfluss ein.
Den optischen Part übernimmt Paolo Martinello, der seit seiner Jugend Comics in Fanzines zeichnete und aktuell an Serien wie „Real Crimes“ oder „Drugstore“ arbeitet. Häufig bricht er aus dem üblichen Panel-Layout aus, gestaltet große Halbseiten füllende Panels mit kleinen Detailpanels darin, oder lässt Conan einfach mal beim Ausholen mit dem Schwert das aktuelle Panel verlassen.
Ein besonderes Highlight: Wenn Murilo Conan seinen Plan erläutert, geschieht das nicht nur Verbal, sondern ist mit einer Art Zukunftsvision unterlegt, die das geplante Geschehen zeigt. Hierfür wechselt Martinello allerdings sowohl Zeichenstil als auch Farbgebung, sodass man wirklich den Eindruck eines Traums oder einer Vision erhält.
Wie vielleicht aus bereits veröffentlichten Reviews bekannt, erschienen die Conan-Geschichten damals ja nicht chronologisch, sondern eher danach bemessen wie gut eine Geschichte gerade in die aktuelle Ausgabe von „Weird Tales“ passte. Auch sind Conans Abenteuer von sehr unterschiedlicher Natur, „Der Rote Priester“ zeigt hauptsächlich den wilden Conan als Einzelgänger, der einen ziemlich klaren Auftrag hat. Anders als z.B. in „Aus den Katakomben“ enthält die Geschichte (fast) keine leicht bekleideten Damen, daher wurde sie nicht die Titelgeschichte dieser Ausgabe von „Weird Tales“. Allerdings gibt es ein tolles Frank-Frazetta-Cover für die Romanveröffentlichung von 1967 bei Lancer Books, das den Kampf gegen den roten Priester zeigt. Autor Patrice Louinet ist wie bereits erwähnt Experte für die Werke von Robert E .Howard, es gibt also noch einige interessante Hintergründe als Bonus am Ende des Comics.
Wie immer stehen die Conan-Werke einzeln für sich, was auch diesen Band wieder zu einem guten Einsteigerband macht.
CONAN DER CIMMERIER: Der Rote Priester, Autor: Robert E. Howard, Patrice Louinet, Künstler: Paolo Martinello, 72 Seiten, Hardcover, 16,00 Euro, Erschienen im SPLITTER VERLAG