BRODECKS BERICHT

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Brodeck wohnt mit seiner kleinen Familie etwas abseits des Dorfes. Das bezieht sich sowohl auf den Standort ihrer Hütte, als auch auf das gemeinschaftliche Leben. Seinen Lebensunterhalt verdient sich der schweigsame KZ-Überlebende mit der Erfassung und Vermessung der reichhaltig um das Dorf vorhandenen Natur. Eines Abends muss Brodeck feststellen, dass der wohlhabende und freundliche Fremde, der seit kurzem im Dorf zu Gast war im Gasthaus gewaltsam zu Tode gekommen ist. Da er doch so vortrefflich Berichte schreiben kann, soll er nun genau das machen: Einen Bericht über den tragischen Tod des „Anderen“, wie der Mann hier nur gennant wurde verfassen. Dabei soll er sich nur auf die „Wahrheit“ berufen. Doch darunter versteht hier jeder etwas anderes…

„Brodecks Bericht“ ist ein bedrückendes, intensives, schonungsloses aber dabei immer elegantes Meisterwerk der Comickunst. Die Adaption des Romans von Philippe Claudel bot ganz klar die Gefahr, in eine belanglose Bildersequenz übersetzt zu werden. Schließlich hätte man sich hervorragend auf dem tragischen Thema und dem ruhmreichen Original ausruhen können. Ein paar minimalistische Striche, ein wenig solides Handwerk – Mehr hätte es vielleicht gar nicht gebraucht, um eine mittlere Auflage unter die Leser zu bringen und zumindest solide Kritiken einzufahren.

Wie großartig es doch ist, dass die Graphic Novel zu „Brodecks Bericht“ einen ganz anderen Weg beschritten hat. Zwar wirkend die beunruhigenden Charakterportraits des französischen Comic-Künstlers Manu Larcenet oft recht statisch, begeistern aber durch ihren schroffen und chaotischen Reichtum an Details. Die Bandbreite an Gefühlsnuancen, die er in den Untiefen der wuchernden Bärte und Augenbrauen seiner bitteren Dörfler versteckt sind schlicht atemberaubend. Mit absolut perfekt reduzierten Skizzen fängt er die karge Landschaft genau so perfekt ein, wie die schwere, beschämte Stimmung, die wie eine schwere Decke über dem Dorf und seinen Bewohnern liegt. Genau diese Schwere ist der eigentliche Hauptakteur in einer Geschichte, die nicht wie viele andere Nachkriegsszenarien betroffen machen oder Anklage erheben will. Stattdessen zeigt „Brodecks Bericht“ eindrucksvoll und unvergesslich, wie der Krieg und die Unmenschlichkeit jeden einzelnen Menschen verändern. Und wie beides meist das Schlechteste an ihm zurücklässt.


Leseprobe


BRODECKS BERICHT
Autor: Philippe Claudel
Künstler: Manu Larcenet
328 Seiten
Hardcover mit Schuber
39,00 Euro
Erschienen bei REPRODUKT