Wie wäre es, wenn man auf dem Entwicklungsstand eines Kindes steckenbleibt und sich körperlich nicht weiter entwickelt? Wie könnte man das den Lehrern und Klassenkameraden erklären, ohne dass weitere Fragen aufkommen? Was befindet sich in der Hütte von Madame Dragonfly und ist es ein sicherer Ort für verlorene Seelen, die sich im Sumpf nicht mehr zurechtfinden? Gehen Cape-Träger eigentlich in Rente oder kämpfen sie ihr Leben lang für Gerechtigkeit? Haben die Mitglieder der kruden „Black Hammer“-Familie das Potenzial, die Stars einer Soap Opera zu werden?

Zum Superhelden-Universum „Black Hammer“ von Vielschreiber Jeff Lemire gibt es mittlerweile mehr Spinoffs als Veröffentlichungen zur eigentlichen Hauptreihe. Auch „Black Hammer Visions“ reiht sich da ein, kann aber mit einem interessanten Konzept aufwarten. Anstatt das der Autor und Kopf des verhältnismäßig jungen Superhelden-Kosmos den Stift selbst in die Hand nimmt, überlässt er namhaften Kreativen aus der Comic-Szene wie Geoff Johns, Chip Zdarsky oder Mariko Tamaki das Feld. Diese tauchen in die Welt ein und klären in acht Kurzgeschichten oft aufgekommene und einige nie gestellte Fragen zu den Protagonisten.

In Deutschland erscheint die Mini-Reihe in zwei Sammelbänden. Passend zu den restlichen Büchern in bekannt hochwertigem Hardcover-Format. Dabei bieten die einzelnen Kapitel erzählerisch und optisch viel Abwechslung. Vom lustigen „Transfer Student“ über das melancholische „Uncle Sam“ und die zutiefst gruselige und finstere „The Cabin of Horror“-Erzählung sind alle Facetten dabei, die das Comic-Herz höher Schlagen lassen.

„Black Hammer Visions“ ersetzt keineswegs die längst überfällige Weiterführung der Main-Story und kann auch nicht so ganz über die lange Wartezeit hinwegtrösten. Wer tiefer in den Alltag der Protagonisten eintauchen möchte und damit den Figuren ein Stückchen näher kommen will, aber hier genau richtig. Unterhaltsam und kurzweilig ist jede einzelne dieser Storys. Eine großartige Weiterentwicklung des Lemire-Verse oder einen übergeordneten Handlungsbogen sollte man allerdings nicht erwarten.

BLACK HAMMER: Visions (Bd.1), Autoren: Patton Oswalt, Geoff Johns, Chip Zdarsky, Mariko Tamaki, Künstler: Dean Kotz, Johnnie Christmas, Diego Olortegui, Scott Kolins, 128 Seiten, Hardcover, 19,80 Euro, Erschienen im SPLITTER VERLAG