„Bald sind wir wieder zuhause“ beschreibt die Erlebnisse von sechs Kindern, die jedes für sich mit ihren Familien während des Zweiten Weltkriegs den Nazis in die Hände fallen. Sie beschreiben ihre Erlebnisse in Ghettos, Arbeitslagern, Konzentrationslagern und auf Todesmärschen. Das Buch erzählt von Enteignung, Gefangenschaft, Entmenschlichung und Massenmord. Von den Schrecken, die Faschismus und Fremdenfeindlichkeit mit sich bringen und welche Wirkung das Geschehen gerade auf die Kinder hatte.
Jessica Bab Bonde hat als Grundlage für diese Graphic Novel sechs Holocaust-Überlebende interviewt um ihre Geschichten zu verewigen. Die Erzählweise ist brutal trocken. Die Geschichten schockieren weder durch extreme Gewaltdarstellung, noch durch große emotionale Ausbrüche, sondern schildern auf eine kühle, objektive Weise das Geschehen der Zeit. Mit welcher Gleichgültigkeit die Protagonisten den Nazischergen begegnen, die ebenso völlig ohne Emotion wie bei Vieh über Leben und Tod entscheiden. Das führt allerdings nicht etwa dazu, das man nicht mit den Opfern mitfühlt, im Gegenteil. Der Leser begegnet den Kindern häufig in ihrer normalen Umgebung, zuhause, bei ihrer Familie. Manchmal bereits im Ghetto, was im Vergleich zu den späteren Schauplätzen noch recht gemäßigt wirkt. Auf wenigen Seiten verlieren die Opfer alles, was sie besitzen und dann alles was sie zu Menschen macht. Nicht zuletzt ihre Namen, die durch Nummern ersetzt werden. Eine solche Verwandlung kann den Leser bei nur einem einzigen Umblättern treffen, sodass man die bekannte Person erst einmal in der Masse unbekannter, kahlrasierter Gesichter suchen muss. Es fällt schwer hier von tollem erzählerischem Stil zu sprechen, angesichts der grausigen Thematik, die Autorin verdient dennoch (oder gerade deshalb) Lob für ihre Erzählweise.
Unterstrichen wird die finstere Geschichte von Zeichner Peter Bergting. Der schwedische Illustrator ist bekannt für seine Werke für namhafte Comic-Verlage wie Image oder Dark Horse, aber auch für seine Arbeiten in Rollenspielbüchern der Firma White-Wolf, genauer „Vampire – Die Maskerade“ und „Dämon – Die Gefallenen“, beide Teil der bekannten „World of Darkness“. Dunkel ist ebenfalls die Welt, die er uns hier präsentiert, die Farbpalette beschränkt sich auf Variationen von Grau und Braun, selbst die eigentlich fröhlichen Farben von Kleidern oder Schleifen wirken düster und verwaschen. Beeinflusst ist Bergting klar von Mike Mignola, mit dem er gemeinsam an der „Baltimore„-Reihe arbeitete, was sowohl Zeichenstil als auch Kolorierung betrifft.
Cross Cult’s Zusammenfassung beginnt mit den Worten „Die Geschichte von sechs Kindern, die Europas Abfall in die Tyrannei erlebten“. Das Wort Abfall beziehungsweise eine weitere Bedeutung davon bleibt dabei im Kopf. Als Abfall werden die Menschen behandelt, die von den Nazis in Konzentrationslagern „entsorgt“ werden müssen, als Abfall nimmt man aber ebenso die vielen gesichtslosen Nazischergen wahr, denen nichts menschliches mehr anzuhaften scheint. Wie so oft stellt man sich die Frage wie Menschen einander dermaßen misshandeln können.
Diese Graphic Novel schlägt in die selbe Kerbe wie viele Romane vor ihr wie z.B. „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“ von Judith Kerr oder „Damals war es Friedrich“ von Hans Peter Richter, die ebenfalls den Terror des Naziregimes aus dem Blickwinkel von Kindern thematisieren. Ein extrem aktuelles Thema, wo Nationalstolz und Fremdenhass fast schon wieder salonfähig scheinen.
BALD SIND WIR WIEDER ZU HAUSE, Autor: Jessica Bab Bonde, Künstler: Peter Bergting, 104 Seiten, Hardcover, 20,00 Euro, Erschienen bei CROSS CULT