1984 nach George Orwell

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Winston Smith arbeitet im Ministerium für Wahrheit der wunderbaren Nation Ozeanien, die sich im Dauerkrieg mit Eurasien befindet. Oder Ostasien. Je nachdem. In diesem totalitären Überwachungsstaat ist es Winstons Aufgabe, die Geschichte der aktuellen Position der Partei anzupassen. Also beispielsweise ob gegen Eurasien oder Ostasien Krieg geführt wird. Recht hat auf jeden Fall die Partei, repräsentiert durch Big Brother. Jede unliebsame Information wird aus allen Aufzeichnungen getilgt, Erinnerung gibt es sehr schnell nicht mehr. So weiß eigentlich keiner genau, gegen wen Krieg geführt wird, Hauptsache es ist Krieg und auch schon immer. Genau wie unliebsame Informationen „vaporisiert“ werden geht das auch mit Menschen. Wer sich nicht an die Regeln hält ist plötzlich verschwunden. Da aber die Geschichte permanent von Winston und seinen Kollegen im Ministerium für Wahrheit angepasst wird erinner sich auch niemand an solche „Unpersonen“.

Das Szenario, das Jean-Christophe Derrien hier aufbaut ist eine recht genaue Wiedergabe von „1984“ aus der Feder von George Orwell, erschienen 1949. Allerdings hervorragend aufbereitet.  Gute Geschichten zu schreiben sollte dem gebürtigen Franzosen leicht fallen, schließlich studierte er Filmwissenschaften und schrieb jahrelang Drehbücher für animierte Serien wie „Spirou“ oder „Blake und Mortimer“. Unterstützt wird Derrien hier von Rémi Torregrossa, der angewandte Kunst studierte und seine eigene Fantasy-Comic-Reihe „Triskell“ veröffentlichte. Die in Schwarz-Weiß gehaltene Optik betont die Monotonie in Winstons Welt. Nur sehr selten werden besondere Gegenstände oder Personen koloriert, um ihre Bedeutung zu unterstreichen. Es fällt sehr leicht, sich in diese dystopische Welt hineinzuversetzen, die dominiert ist von Informationen und Fehlinformationen.

Eine Geschichte, die aktueller scheint, als je zuvor wenn man sich klassische oder auch soziale Medien ansieht. Wenig scheint auf Anhieb absolut richtig oder falsch, Quellen sind unzuverlässig oder scheinen uninteressant. Whistleblower werden polizeilich gesucht, die Liste ist lang. Eine hervorragende Graphic-Novel zu einem ebenso klassischem wie aktuellem Thema. Ein Muss für Fans des Romans, aber auch eine tolle, in sich abgeschlossene Geschichte für Einsteiger.


Leseprobe


1984: Nach George Orwell, Autor: Jean-Christophe Derrien, Künstler: Rémi Torregrossa, 128 Seiten, Hardcover, 22,00 Euro, Erschienen im KNESEBECK VERLAG