Auf einer eigentlich idyllischen Insel fällt ein bedrohlicher Schatten auf die Beziehung von June und ihrem Liam, der hier für ein paar Dollar dem Sheriff zur Hand geht. Eine Gruppe entflohener Sträflinge überfällt die zwei im Haus des Sheriffs, Liam selbst wird von den schweren Jungs verschleppt. Bewaffnet mit einer antiken Schlachtaxt, angeblich einem Erbstück der nordischen Vorfahren des Ordnungshüters will die junge Frau sich nun ihr Glück zurückholen und gerät in ein Netz von Gewalt, Magie und Lügen.
Joe Hill ist ein moderner Meister der Phantastik, der mit „Locke & Key“ eine der wichtigsten und besten Comic-Reihen aller Zeiten erschaffen hat. Seine Bestseller Romane wie „NOS4A2“ oder „Horns“ wurden als aufwändige TV-Serien oder gar als Hollywood-Film mit „Harry Potter“-Star Daniel Radcliffe in der Hauptrolle realisiert. Comics sind für den Amerikaner dabei aber keine Zweit- oder Drittverwertung, nicht nur Beifang. Bereits vor seinem ebenfalls auf Netflix als Serie realisiertem Opus Magnum „Locke & Key“ ist ihm mit dem Superhelden-Abgesang „The Cape“ ebenfalls ein genialer Wurf gelungen, der gezielt als Comic erschien und in Deutschland ebenfalls von Panini veröffentilcht wurde.
Trotz seiner offensichtlich innigen Beziehung zum Medium liest sich sein „Ein Korb voller Köpfe“ im besten Sinne wie ein nun günstiger realisiertes Filmscript. Ein Drehbuch mit fühlbaren Einflüssen aus skandivanischen Krimis wie der berühmten „Millennium“-Reihe, die Hill auch gleich nochmal mit der nordischen Herkunft des Sheriffs-Familie und Junes Axt grellbunt unterstreicht. Die verschiedenen Twists und Enthüllungen, mit denen diese Stories oft arbeiten gibt es auch hier und sie funktionieren auch hier. Der zynisch-derbe, sehr amerikanische Humor, der dem Konzept der quasselnden Köpfe von Junes Widersachern zugrunde liegt, arbeitet aber oft gegen die sonst von nüchterner Kälte getragene Spannung dieser Untergattung von Krimis.
Das bedeutet nicht, dass „Ein Korb voller Köpfe“ nicht ein toller Comic wäre, der vom visuellen Vintage-Chique in bester Scooby-Doo-Manier auch toll getragen wird. Aber Anspannung und Grauen heben sich hier mit dem überzeichnetem Humor gegenseitig auf. Sie hinterlassen einen kurzweiligen, herrlich schwarzhumorigen Thriller-Kurztip, der halt eben nicht so richtig „thrillt“, aber die ganze Zeit den Eindruck erweckt, dass er genau das gern getan hätte. Bizarre Momente, flashige Bilder und eine ausgesprochen wehrhafte und eigenständige Titelheldin halten aber jede Menge Argumente bereit, um den Titel klar von der Masse abzuheben und allein für seine Eigenwilligkeit absolut lesenswert zu machen.
EIN KORB VOLLER KÖPFE, Autor: Joe Hill, Künstler: Leomacs, Dave Stewart, 188 Seiten, Softcover, 20,00 Euro, Erschienen bei PANINI