Stolze sechsundzwanzig Jahre nach dem Release des ersten Teils ist die legendäre Kampfspiel-Reihe „Samurai Shodown“, oder wie sie in ihrem japanischen Herkunftsland heißt „Samurai Spirits“ endlich zurück. Die treue Fanbase des klassischen Zweikampfprüglers in der Tradition von „Street Fighter“ oder „Mortal Kombat“ ist zumindest hierzulande deutlich übersichtlicher als seine prominenten Kollegen. Das liegt vor allem daran, dass „Samurai Shodown“ seinen bluttriefenden Siegeszug in Spielhallen begonnen hat, einer Unterhaltungsform die in Deutschland immer eher Geldspielautomaten vorbehalten war. Automatenhersteller SNK vermarktete in den Neunzigern seine extrem beeindruckende MVS-Spielhallenhardware als technisch nahezu identische Heimkonsole namens „Neo-Geo“. Die Samurai-Kämpfer waren dabei eines der intern entwickelten Aushängeschilder und ließen Ryu und seine Streetfighter-Kollegen technisch extrem alt aussehen. Bombastische Zoomeffekte, riesige Kämpfer wie der texanische Fettkoloss „Earthquake“ und herrliche Soundarrangements waren so eben bloß auf dem schweineteuren Neo-Geo möglich.
Heute ist es ziemlich still um SNK geworden. Aktuell zeugen vor allem ein Mini-Neo-Geo-Automat mit vorinstallierten Spielen, sowie die digitale Veröffentlichung klassischer Titel der Ära für alle gängigen Spielkonsolen vom einstigen Glanz. Eine technische Modernisierung der „Samurai Shodown“-Spiele im Sinne aktueller Kloppereien wie „Street Fighter V“ oder „Mortal Kombat 11“ liegt mit „Samurai Shodown: Edge of Destiny“ für die XBox 360 und vorwiegend japanische Spielhallen schon stolze elf Jahre zurück. Und blieb damals leider auch weitestgehend unbemerkt.
Auch das schlicht „Samurai Shodown“ betitelte 2019-Reboot geht in den international schwächelnden Arcades an den Start, erhält zeitgleich aber Heimumsetzungen für PlayStation 4, XBox One, Nintendo Switch und den PC. Trotz dieser breit aufgestellten Veröffentlichungspolitik handelt es sich beim feudalen Schnetzelspaß vor allem anderen um eine klassische Zweikampf-Veranstaltung. Neben einem „Story“-Modus, bei dem man als Einzelspieler mäßig wehrhafte CPU-Kontrahenten und einen traditionell nervig übermächtigen Endboss filetiert, liefert natürlich der Kampf gegen einen Kumpel im Versus-Modus den spirituellen Kern der ganzen Veranstaltung. Einem fairen Test konnten wir den Online-Modus in unserer Testphase vor der Veröffentlichung nicht unterziehen. Die wenigen Duelle, die wir zustande brachten liefen leider sehr hakelig und suboptimal, obwohl der andere Spieler laut entsprechendem Emblem seines Spielerprofils auch aus Deutschland kommen sollte. Das macht aber ohnehin nicht annähernd soviel Spaß, wie ein Mitspieler aus Fleisch und Blut, an dem man sich mit einem gezielten Kissenwurf rächen kann.
Alternativ zu Online-Kämpfen kann man sich als Solist ganz ohne kostenpflichtige Netzwerk-Abos bei Sony oder Microsoft an einer online von anderen Spielern hinterlegten Bibliothek aus „Ghost“-Kämpfern bedienen, die dem Computer die Verhaltensweisen echter Spieler beibringen. Selbst gegen seine eigenen Geistkämpfer kann man auf diese Art antreten, um eigene Schwächen besser zu erkennen und zu vermeiden. Cool.
Auch was das Kampfsystem angeht kehrt „Samurai Shodown“ zu klassischen Tugenden zurück. Insgesamt drei verschieden starke Schwertstreiche lassen meterhohe Blutfontänen aus den verdatterten Kontrahenten hervorsprudeln, das serienübliche Knopfquartett wird mit einem Kick-Button vervollständigt, um sich anhängliche Schwertkämpfer von der Pelle zu treten. Ein respektables, aber einsteigerfreundlich-übersichtliches Arsenal an Kontern, Entwaffnungs-Manövern und vergleichbaren Gimmicks bietet tolle strategische Möglichkeiten, ohne dass man gewaltige Move-Listen auswendig lernen müsste. Die entsprechenden Kommandos sind nämlich für jede Spielfigur gleich gewählt.
Mit einem ambitioniertem Mitspieler und idealerweise natürlich mit einem stilechten Arcade-Stick lässt das neue „Samurai Shodown“ große Freude aufkommen, Nostalgiker mit einem Faible für die Serie dürfen ihre Vorfreude auch gern verdoppeln. Denn der offensichtlich bei den „Street Fighter“-Kollegen „ausgeliehene“ Cartoon-Grafikstil mit den dicken Tuschestrichen modernisiert die klassische Kämpferriege toll. Warum bei der technisch vergleichsweise unaufwändigen Optik, die auch schon auf Konsolen der letzten Generation ohne relevante Abstriche möglich wäre aber so lange Ladezeiten in Kauf genommen werden müssen, das wird wohl ein Rätsel bleiben.
Ein puristischer, bunter und verhältnismäßig leicht zugänglicher Prügelspaß für Genießer und / oder Freunde feudal-japanischer Szenarien.
Unser Review erfolgte auf Basis der PS4-Version, getestet wurde mit einer PS4-Pro-Konsole.
SAMURAI SHODOWN (2019). Entwickler: Athlon Games. Publisher: SNK / Koch Media. Ca. 59,99€ 1-2 Spieler gleichzeitig. Erschienen für PS4, XBox One, PC, Nintendo Switch. LINK