Nach einem Streik der arbeitenden Bevölkerung wird ihr ein Jahresurlaub von 14 Tagen im Jahr zugesichert. Da es aktuell keinen Ort gibt, an dem sich die gestressten Menschen erholen können, wird das Informatik-Genie Springy Fool damit beauftragt, einen komplett automatisierten Freizeitpark zu errichten. Um sicherzustellen, dass die Prozesse des Parks reibungslos funktionieren entwickelt der Erbauer die künstliche Intelligenz A.L.I.C.E. Mit Hilfe von Kameras, kleinen Robotern und Androiden hat diese jeden Winkel der Anlage im Blick und sorgt so für Recht und Ordnung im überfüllten Vergnügungspark mit dem Namen MyJoy. Es dauert nicht lange, bis der Ort der Freude auch einiges an Gesindel anlockt. Darunter ein Serienmörder, der beginnt seine kranken Obsession an den Besuchern auszuleben. Anstatt die künstliche Intelligenz damit zu beauftragen den Attentäter festzunehmen, verwandelt der Erbauer der Anlage die Verbrechen in eine Art Gameshow, die auf sämtliche Bildschirmen im Park übertragen wird. Es spielen immer zwei Personen gegeneinander. Auf der einen Seite der Killer auf der anderen Seite ein Gesetzeshüter von MyJoy. Der Polizist, Interceptor genannt, bekommt kurz vor dem Anschlag des Mörders einen Tipp, wo er zuschlagen wird. Nun ist es seine Aufgabe den Mord zu verhindern. Wenn ihm das nicht gelingt, dann darf der Täter ungestraft fliehen. Dieses Spiel wird von den Besuchern dankbar als abwechslungsreiche Unterhaltung angenommen. Mit dem Ziel ein Interceptor zu werden, macht sich der schüchterne Landjunge Zach auf den Weg zur Ausbildungsstätte für angehende Gesetzeshüter im Herzen von MyJoy. Er absolviert das Training und bekommt die Chance Teil der Show zu werden, nachdem alle seine Vorgänger versagt haben.
Die Idee eines totalitären Staates der seine Bewohner überwacht und von einem Superhirn gelenkt wird ist mit Sicherheit nicht neu. Am Anfang von „Urban“ hat man das Gefühl, als hätte man viele Elemente schon einmal gelesen oder verfilmt gesehen, denn nicht nur das Szenario, sondern auch die Figuren scheinen alle einem gewissen Muster zu entsprechen. Da ist das einsame Genie, der naive Jugendliche der nur seinen Traum erfüllen will oder eine verzweifelte junge Frau, die im Park gestrandet ist und alles macht, um wieder nach Hause zu kommen.
Aber mit der Zeit schafft es Autor Luc Brunschwig die Geschichte in eine unerwartete Richtung zu lenken, überraschende Beziehungen zwischen den Personen aufzubauen und die Welt einmal komplett auf den Kopf zu stellen. Grund dafür sind nicht nur unerwartete Twists im Handlungsverlauf, es wird sich auch viel Zeit genommen um die einzelnen Personen und ihre Geschichten ausführlich vorzustellen. Dadurch erhält der Leser ein anderes Verständnis für das Handeln der Protagonisten und sieht viele Dinge in einem anderem Licht. Trotz all der Ausflüge in die persönlichen Schicksale schreitet der Plot in einem guten Tempo voran und weiß den Leser immer in seinen Bann zu ziehen. Brunschwig lässt es sich nicht nehmen, Bezug auf unsere Realität zu nehmen, an jeder Straßenecke stehen Werbeschilder bekannter Marken wie Coca-Cola oder Honda.
Dass im totalitären Staat MyJoy auch viel Elend zu Hause ist merkt man den Bildern von Roberto Ricci direkt an. Anders als man es von einem Freizeitpark erwartet sind die Panels immer dunkel gehalten und in zurückhaltenden Farben koloriert. Hervorzuheben ist der Detailgrad, mit dem Robert es schafft seine Zeichnungen mit Leben zu füllen. Vor allem die mit buntem Neonlicht der Werbetafeln durchfluteten, mit Besuchern gefüllten Gassen des Parks sind beeindruckend gezeichnet und stark ausgearbeitet.
Passend zu den Klischees, die von den einzelnen Figuren bedient werden sind auch ihre Zeichnungen. Jeder der Protagonisten wirkt ein wenig wie seine eigene Karikatur. Genie Springy ist ein hagerer, verrückt dreinblickender Mann, während der angehende Interceptor Zach so hochgewachsen wie muskulös ist und sein Blick immer ein wenig einfältig wirkt. Ansonsten sind die Bilder immer sehr ehrlich und realitätsnah. Insgesamt schafft Roberto es mit seinen Kunstwerken eine dunkle, drückende Atmosphäre aufzubauen, die sich komplett durch die Geschichte zieht.
Urban ist eine großartige Science-Fiction-Geschichte, die ihren Reiz vor allem mit voranschreitender Geschichte entfalten kann. Wer sich für futuristische Szenarien begeistern kann, ist mit dieser Reihe bestens bedient. Die ersten vier Bände der insgesamt fünfteiligen Serie sind bereits im Splitter Verlag erschienen.
URBAN (Bd.1): Die Spielregeln
Autor: Luc Brunschwig
Künstler: Roberto Ricci
48 Seiten
Hardcover
13,80 Euro
Erschienen bei SPLITTER
URBAN (Bd.2): Die zum Sterben Verdammten
Autor: Luc Brunschwig
Künstler: Roberto Ricci
48 Seiten
Hardcover
13,80 Euro
Erschienen bei SPLITTER
URBAN (Bd.3): Es werde Licht
Autor: Luc Brunschwig
Künstler: Roberto Ricci
48 Seiten
Hardcover
13,80 Euro
Erschienen bei SPLITTER
URBAN (Bd.4): Stagnierende Ermittlungen
Autor: Luc Brunschwig
Künstler: Roberto Ricci
64 Seiten
Hardcover
15,80 Euro
Erschienen bei SPLITTER