Ich bin Fagin

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„Ich bin Fagin“ führt die legendäre Erzählung „Oliver Twist“ von Charles Dickens mit einem der wichtigsten Künstler des Comicmediums zusammen – Will Eisner. Der etwas zaghaft übersetzte Titel lautet im Original „Fagin the Jew“ (Fagin der Jude) und thematisiert, wie der viktorianische Autor seinerzeit, ohne bewusste, antisemitische Absicht jahrhundertelangen Rassismus zu einer Figur destillierte, die Eisner nun seinerseits neu erfindet und beleuchtet…

Der kleine Moses Fagin und seine Eltern fliehen vor dem Pogrom von Böhmen in das viktorianische London. Auch hier befindet sich das jüdische Volk am Boden des sozialen Gefüges wieder. Wenigstens muss man hier aber scheinbar keine offene Gewalt und Verfolgung befürchten. Um zu überleben unterrichtet Moses Vater Abraham seinen Jungen in Betrügereien und Taschenspielertricks, fällt aber schon nach kurzer Zeit seinem gefährlichen Ganovenumfeld zum Opfer. Als kurze Zeit später auch Moses Mutter verstirbt, bittet der Rabi der Gemeinde den wohlhabenden Juden Salomon darum, den Jungen als Hausdiener bei sich aufzunehmen. Bei der Arbeit für seinen Herrn, dessen erklärte Ziele der Erhalt der jüdischen Kultur und die Unterstützung und Ausbildung verarmter, jüdischer Kinder sind, lernt Moses eines sehr schnell – Wenn die wenigen, wohlhabenden und angesehenen Menschen jüdischen Glaubens sich ihren Stand in der englischen Gesellschaft bewahren wollen, dann konvertieren sie zum Christentum. In den folgenden Jahren lehrt das Leben Moses Fagin vor allem eines – Dass wann immer er versucht anständig und aufrichtig zu sein, ihm daraufhin ein Gauner einen Strich durch die Rechnung macht und seine mangelnde Bereitschaft zur Gaunerei bitter bestraft…

„Ich bin Fagin“ ist ein optisch wirklich wunderschönes Buch aus Eisners sehr später Schaffensphase. Die amerikanische Erstauflage erschien 1993, als der legendäre Comickünstler bereits 66 Jahre alt war. Dabei ist der frühe, stark auf Tusche und harte Konturen angelegte Stil des Meisters feineren, etwas wilderen Linien gewichen, die mit unterschiedlich stark verwässerter Tusche schattiert wurden. Abgesehen von dieser deutlich malerischen und weniger zeichnerischen Umsetzung (die der Geschichte ganz hervorragend zu Gesicht steht) haben mich Seitenaufteilung, Schriftsatz und Posen der Figuren häufig etwas an Wilhelm Busch erinnert. Offenbar hat Eisner seinen Zeichenstil zur atmosphärischen Unterstützung ebenfalls auf Zeitreise geschickt.

„Ich bin Fagin“ ist ein optisch wirklich wunderschönes Buch aus Eisners sehr später Schaffensphase. Die amerikanische Erstauflage erschien 1993, als der legendäre Comickünstler bereits 66 Jahre alt war. Dabei ist der frühe, stark auf Tusche und harte Konturen angelegte Stil des Meisters feineren, etwas wilderen Linien gewichen, die mit unterschiedlich stark verwässerter Tusche schattiert wurden. Abgesehen von dieser beinahe malerischen Umsetzung (die der Geschichte ganz hervorragend zu Gesicht steht) haben mich Seitenaufteilung, Schriftsatz und Posen der Figuren häufig ein wenig an Wilhelm Busch erinnert. Offenbar hat Eisner seinen Zeichenstil zur atmosphärischen Unterstützung ebenfalls auf Zeitreise geschickt.

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Inhaltlich fängt der Hardcover-Band den Geist und die Stimmung des zugrundeliegenden Romans hervorragend ein, definiert dabei aber die Motivationen und die Schuld des Fagin völlig neu. Wie der umfangreiche, redaktionelle Teil des Buches und Eisners persönliches Vorwort erläutern, geht es dabei auch um die Aufarbeitung eines eigenen, vergleichbaren Fehlers, den Eisner mit der rassistisch-stereotypen Figur „Ebony White“ für seine legendäre Comicreihe „Spirit“ geschaffen hatte.

„Ich bin Fagin“ ist vor allem durch das umfassende Ergänzungsmaterial die extrem interessante, literarische Gegendarstellung eines Archetypen der Kinderliteratur. Trotz des sehr hohen Informationsgehaltes, des bitteren Schicksals von Fagin und der zahlreichen Anlässe zur Reflektion des eigenen Umgangs mit Stereotypen und Vorurteilen transportiert der Titel durch seinen optischen Stil manchmal eine unverhoffte, kindliche aber immer passende Leichtigkeit. Dabei entfernt sie sich aber zu keinem Zeitpunkt zu sehr von der düsterem Dramatik des „Oliver Twist“. „Ich bin Fagin“ war für mich eine wichtige Nachhilfestunde in Literaturgeschichte und meinen eigenen Vorurteilen, gleichzeitig aber auch ein handwerklich meisterlicher, atmosphärisch dichter Comicband.

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  • Autor und Künstler – Will Eisner
  • ISBN – 978-3-7704-5521-8
  • Preis – € 19,99
  • Seitenzahl – 136
  • Farbigkeit – zweifarbig
  • Buchform – gebunden
  • Erschienen am – 03.09.2015

Rezensionsexemplar – Hardcover, zur Verfügung gestellt von Egmont – Herzlichen Dank!

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