Die junge Ajna muss mitansehen, wie ihr Dorf von brandschatzenden Soldaten überfallen wird, die dabei sogar ihren Vater töten. Rasend vor Wut und Trauer macht die temperamentvolle junge Kämpferin sich auf, um dem Oberbefehlshaber dieser Armee ein für alle mal das Handwerk zu legen. Immer mit dabei: Der junge Leutnant Dhar, der ihrem Vater das Leben nahm. Wie alle anderen aberwitzigen Mitstreiter in „Indivisible“ reist er in einer „inneren Welt“ im Kopf der Heldin mit…
Geht man von nackten Zahlen, Daten und Fakten aus, dann kann man dem ambitioniertem Rollenspiel-Platform-Gemisch unterstellen, es sei mit seiner knapp 15-stündigen Kampagne reichlich kurz geraten, im Vergleich mit anderen, japanisch orientierten RPG-Titeln. Man könnte zurecht behaupten, dass die Erkundung der Karte im Vergleich mit anderen modernen „Metroidvania“-Spielen extrem linear ausfällt. Und vielleicht kann man sich noch über den global sehr einfachen, aber punktuell dann wieder sehr schweren Schwierigkeitsgrad auslassen. Aber all das würde dem Erlebnis wohl kaum gerecht.
Die 2D-Experten von „Lab Zero“, vor allem bekannt für ihre Prügelspiele aus der „Skullgirls“-Reihe erschaffen mit Indivisible ein einzigartiges Erlebnis, mindestens was die großartige Präsentation angeht. Professionelle Animé-Sequenzen gehen in tragende Dialoge über, die größtenteils von richtig guten, englischen Sprechern vertont wurden. Einige eher technisch-informative Kurzdialoge belassen es bei der Textform und das ist völlig okay so. Pixelgenau lenken wir Ajna mittels wunderbar leichtgängiger, akrobatischer Manöver durch malerische 2,5D-Szenarien, die auch direkt einem stimmungsvollem Animé entstammen könnten. Treffen wir auf einen Gegner, schnellen drei zuvor vom Spieler bestimmte Begleiter aus Ajnas Kopf heraus ans freie und liefern sich grundsätzlich rundebasierte Kämpfe, die aber dennoch ein gutes Timing erfordern, um gut zu blocken oder besonders verheerende Treffer zu landen. Das erinnert sicher nicht zufällig an die Fantasy-Schlachten aus den „Paper Mario“ oder „South Park“-Spielen, wirkt aber dennoch wesentlich rasanter und Action-betonter.
All diese verschiedenen Komponenten des Spiels gehen fließend ineinander über, der Geschicklichkeits-Parcours zoomt direkt in das Kampfgeschehen, das seinerseits wieder fließend in eine vertonte Zwischensequenz übergeht. Nicht zuletzt durch die extrem detailverliebte und hochwertige Gestaltung von „Indivisible“ wirkt das Geschehen so im allerbesten Sinne wie eine interaktive, spielbare Animé-Serie, deren epische Handlung wir ganz direkt beeinflussen können. Wir bestimmen sogar selbst, welche der zahlreichen, sympathisch-bizarren Mitstreiter wir im Fokus behalten möchten. Darf es eher ein niedlicher Pflanzenkundler nebst groteskem Haustier sein, oder doch eher die Kannibalin, in deren Laterne der Geist eines Tigers wohnt? Falls das noch nicht reicht sind bereits kostenlose Ergänzungspakete mit Stars aus anderen Indie-Spielen wie „Shantae“, „Shovel Knight“ oder „Battle Chasers“ angekündigt.
Die eingangs erwähnten, vermeintlichen Unzulänglichkeiten des Spiels sind teilweise Tugenden. 15 Stunden sind eine respektable Zeit, um sie mit einem Single-Player Spiel zu füllen. Viele, Menschen heißen solche mittleren Längen heute willkommen und empfinden die Handlungsfreiheit, die hunderten Spielstunden, die moderene Openworld-Titel bieten oft als erdrückend.
„Indivisible“ ist ein absolut hochkarätiger Geheimtip, der Menschen mit einer Affinität für hochwertiges Artwork noch viel dringender ans Herz gelegt werden muss, als jedem anderem Spieler. Wer keine ausgeprägte Allergie gegen eines der hier vermengten Genres hat, der muss es einfach spielen.
INDIVISIBLE, Entwickler: Lab Zero, 39,99 Euro, Verfügbar für Playstation 4, Xbox One, PC, Nintendo Switch, Getestet auf der PLAYSTATION 4