Es ist wieder einmal so weit. Der kleine aber ausgesprochen feine „Dantes Verlag“ hat erneut einen Band aus einer der besten und wichtigsten Comicreihen der Welt herausgebracht. Heimlich, still und leise, so wie jedes mal. Und bevor gleich kurz Bezug auf die speziellen inhaltlichen Finessen dieses Bandes genommen wird, soll an dieser Stelle einmal ausführlich geadelt werden, was hier eigentlich genau passiert. Dieser Verlag ist ein ausgesprochen kleiner Betrieb, Josh Dantes, hauptberuflich weiterhin Krankenpfleger mit Schichtdienst und allem was so dazu gehört, mit der Unterstützung des hervorragenden Übersetzers Jens Nielsen (der „unserer“ Usagi-Fassung immer wieder mehr informative Erläuterungen und Fußnoten hinzufügt, als im Original vorhanden waren) und Walter Truck zur Unterstützung im Marketing. Das ist im Grunde der „Dantes Verlag“. Und irgendwie bekommt diese kleine aber wirklich beseelte Mannschaft es hin, so lang laufende Serien wie Usagi Yojimbo regelmäßig weiter zu bearbeiten, herzustellen und zu veröffentlichen. Mit Liebe, in hoher Qualität. Bei trotz Corona und Inflation erstaunlich gleichbleibendem Preisniveau. Bei aller Meckerei über mangelnde Fan-Nähe oder manchmal trotz teurer werdender Herstellung unverhältnismäßig ansteigender Verkaufspreise anderer Anbieter, kann man dieses extrem hohe und deutlich sichtbare Maß an Leidenschaft und Idealismus gar nicht oft genug betonen. Also schaut bitte gern auf der Seite des Verlags vorbei und überlegt euch gleich, welche Dantes-Reihe ihr als nächstes anfangt. Herzlichen Dank.
Warum ich als Autor dieses Artikels dass so ausführlich herausstelle? Weil ich glücklich und dankbar bin, dass etwas, das einen so hohen künstlerischen Wert hat, wie „Usagi Yojimbo“ beständig weiter erscheint, mit Aufmerksamkeit, mit Sicht auf Qualität und Finanzierbarkeit und das obwohl (im Rahmen des Verlagsprogramms eher WEIL) es keine „Cash-Cow“, kein kommerzieller Selbstläufer ist, sondern trotz der zahlreichen zurecht gewonnenen Preise eher ein Nischenthema bedient.
Ich erfreue mich daran, in meiner Muttersprache neue, aufregende Episoden rund um den herrenlosen, langohrigen Samurai zu lesen, die im neuen Band nicht nur eine wirklich tragische, herzzerreißende Liebesgeschichte bieten, sondern auch einen neuen, brutalen Antagonisten mit Shizukiri einführen, einem quasi-Zerrspiegel unseres Helden, der als Ronin einen anderen, eigennützigeren und skrupelloseren Weg gewählt hat, dessen eigene Schicksalsschläge ihm aber viel Tiefe und Motivation verleihen. Wieder begegnen mir das schlitzohrige Nashorn Gen und der – diesmal in anderer Form auftretende – dämonische Erzwidersacher Jei. Außerdem enthält die „Brücke der Tränen“ auch die 100. Ausgabe des „Rammler-Ronins“ (Again, danke an Jens Nielsen) in der eine an amerikanische TV-Roasts angelehnte, gezeichnete Gala zahlreiche Weggefährten des meisterlichen Usagi-Yojimbos zu Wort und zur Feder kommen lässt, was mitunter wirklich saulustig ist. Hoffen wir, dass die Liebe des Verlags zum Medium nie endet und dass sich genug Comicleser mit gutem Geschmack finden, die das Herzensprojekt auch nachhaltig finanziell absichern. Es wäre mehr als verdient.
USAGI YOJIMBO: Die Brücke der Tränen (Bd.23), Autor & Künstler: Stan Sakai, 248 Seiten, Softcover, 20,00 Euro, Erschienen im DANTES VERLAG